Regina Zajączkowska lebte mit ihrem Mann und dem jugendlichen Sohn Ryszard in einem Holzhaus in Włodzimierz Wołyński. Sie hatten ein ruhiges Leben: Ryszard besuchte das Gymnasium, der andere Sohn studierte im Priesterseminar und die Töchter haben ihre Familien gegründet.

Ryszard Zajączkowski bezeichnet die Beziehungen zwischen den Polen und Juden in Włodzimierz Wołyński vor dem Krieg als gut: „Es gab keinen Antisemitismus als solchen. Vor dem Krieg lebten zum Beispiel die Juden neben uns. Ich habe mit ihnen gespielt und konnte sogar einige Wörter auf Jüdisch. Als ich in Włodzimierz lebte, haben alle friedlich gelebt, es gab keine Anzeichen des Antisemitismus, es gab keine Übergriffe auf Juden”1.

Ein Geschoss hat das Haus von Regina getroffen und alles ringsum zerstört. Der Familie Zajączkowski ist es gelungen, mit dem Leben davon zu kommen, jedoch sie hatte keine Unterkunft. In Bezug darauf zog Regina ins Haus ihrer Tochter, Maria Janiak um. Maria lebte mit ihrem Mann Ludwik und ihrem 5-jährigen Sohn Tomasz.

In der Nachbarschaft der Familie Janiak lebte eine jüdische Familie. Als die Razzien begannen und die Juden gefangen wurden, schlug Ludwik, der der Heimatarmee angehörte, vor, sie nach Bielin zu bringen, wo die Truppen der Heimatarmee stationierten. Die jüdische Familie hat es abgesagt. Am nächsten Tag morgens haben die deutschen Soldaten an ihre Haustür geklopft. Sie haben sie in den Lastkraftwagen gepackt und ausgeführt. Wir haben von den Nachbarn Janiak nicht mehr gehört.

Eines Tages teilte der Priester der Pfarrei in Włodzimierz Wołyńskiego allen Gläubigen während der heiligen Messe mit, dass eine Polin zu ihm gekommen ist. Irena Franciak ist aus Lwiw mit ihrer 5-jährigen Tochter Ania geflohen und sucht nach der Arbeit. Die Frau hat Izabela Stasiuk, die Tochter von Regina, zu sich aufgenommen. Nach einiger Zeit wurde Irena von Izabela wegen der Angst vor den ukrainischen Nationalisten bei ihrer Mutter untergebracht. Kurz danach ergab sich, dass Irena gegenüber der Familie Zajączkowski und Janiak nicht ehrlich war. „Es war so, dass ich, sie und ihre Tochter in der Küche waren. Die Tochter griff nach dem Glas, und Irena Franciak sagte: »Lass es, denn du brichst das Glas «. Als ich das gehört haben, wurde mir kalt. Ich habe gedacht: weder Kaschuben, noch die Bergbewohner sagen du brichst das Glas. So konnte nur eine Jüdin sagen. Ich sagte der Mutter, dass Frau Irena eine Jüdin ist. Sie hatte übrigens ein typisch jüdisches Aussehen, sie hatte langes Haar und lange Nase. Die Mutter [sagte]: »Sie hat mir gesagt, dass sie eine Jüdin ist«”2.

Ludwik Janiak hat Irena als seine Cousine aus der Provinz Poznań, deren Ehemann an der Front auf der Wehrmachts-Seite* ums Leben gekommen ist, gemeldet. Ein Teil des Hauses, in dem die Familie Janiak lebte, wurde von den Wehrmacht-Offizieren gemietet. Es war eine günstige Lage für sie, da auf der anderen Straßenseite sich die Kaserne befand. Die schöne Irena hat die Aufmerksamkeit der Offiziere auf sich gezogen. Sie haben sie oft nach dem kleinen Tomaszek [Bemerkung: Kosename von Tomasz] gefragt, für den sie eine Tante war. Irena hat das Treffen mit den Soldaten aus offensichtlichen Gründen vermieden. Sie ging täglich gemeinsam mit Regina zur heiligen Messe, um ihre Konfession glaubwürdig zu machen.

Irena hat den Krieg bei der Familie von Regina, für die die Frau und ihre Tochter richtige Angehörige waren, überlebt. 1948 ist Irena und Ania nach Lwiw umgezogen und 1957 nach Israel ausgereist.

Nach dem Kriegsende haben die Russen die ehemaligen Angehörigen der Heimatarmee gefangen. Ludwik wurde aufgrund der Aussagen von Irena für 8 Jahren nach Sibirien verbannt. Nach seiner Rückkehr wurde seine Familie immer noch verfolgt. Sie musste mehrmals umziehen und Maria wurde gekündigt.

Am 6. Dezember 1984 wurden Regina Zajączkowska, Ryszard Zajączkowski, Maria Janiak und Izabela Stasiuk von Yad Vashem für die Hilfe und Unterstützung für Irena und Ania Franciak in der schweren Besatzungszeit als „Gerechte unter den Völkern” angesehen.

Literaturverzeichnis:

  1. I Gutman, Polscy Sprawiedliwi wśród Narodów Świata, [in:] Księga Sprawiedliwych wśród Narodów Świata. Ratujący Żydów podczas Holocaustu. Polska, Teil I, Red. der poln. Herausgabe D. Libionka, R. Kuwałek, A. Kopciowski, Kraków 2009.
  2. FLV, Audio-Aufnahme, Zeichen 811_2301, Bericht von Tomasz Janiak vom 24.07.2014.
  3. FLV, Włodzimierz Wołyński. Relacje, Ryszard Zajączkowski, 2003.

Bemerkungen:

*Nach dem Bericht von Ryszard Zajączkowski wurde Irena bei einem Österreicher, der im gleichen Gebäude lebte, gemeldet. Die Deutschen haben ihn als „Sonderführer” bezeichnet.