Wiktoria Tomal (geb. 1897) lebte gemeinsam mit ihren Kindern: Jan (geb. 1926), Stanisława (geb. 1928) und Józefa (geb. 1931) im Dorf Nieciecza bei Żabno. Eines Tages hörte Wiktoria im Kuhstall, dass sie von jemandem gerufen wird. Als sie nach außen ging, sah sie im Baumschatten Rachela und Eliasz Kohane. Rachela bat sie um die Rettung. Sie und ihr Sohn waren hungrig und erschöpft. Wiktoria hat mit Jan gesprochen. Sie hat den Gästen das Essen gegeben und ihnen die Unterkunft gewährt.

Die Familie Tomal hat Kohanes noch vor dem Krieg gekannt. Kohanes haben sich damals mit dem Handel beschäftigt. Rachela und ihr Ehemann hatten vier Kinder: Eliasz, Ryfka, Dawid und Sala. Eliasz war im gleichen Alter wie Jan und sie gingen gemeinsam zur Schule. Nach dem Kriegsausbruch war das Schicksal der jüdischen Familie tragisch. Alle wurden ins Ghetto in Żabno, wo es den großen Hunger gab, untergebracht. Aus diesem Grunde ist Ryfka gestorben. Salcia und Dawid wurden in das Vernichtungslager in Bełżec ausgeführt, wo sie ohne jede Spur verschwunden sind. Eliasz wurde auch zum Transport eingewiesen. Er wurde in den Zug nach Oświęcim oder Bełżec gebracht. In Żabno wurden die Transportzüge zu beiden Lagern abgefertigt. Als der Zug zu fahren begann, ist Eliasz aus dem Waggon heraus gesprungen. Rachela hat die Ausfuhr vermieden, da sie am Morgen aus dem Haus geschlichen ist, um das Essen zu besorgen. Eliasz wusste, dass er die Mutter auf den Feldern in Nieciecza trifft, da sie sich dorthin am häufigsten begab. So war es auch. Die beiden beschlossen damals, nach guten Leuten zu suchen. Sie sind an das Haus von Tomals gekommen.

Jan hat in der Scheune ein Versteck aus den Brettern errichtet, das mit dem Tee und Heu beschichtet wurde. Da der Aufenthalt an einem Zufluchtort gefährlich war, haben Kohanes ihren Unterschlupf oft gewechselt. Wenn es warm war, waren sie in der Nähe vom Dunajec in den Sträuchern und in einem Haufen Reisig untergetaucht, und Tomals haben ihnen das Essen gebracht. Im Winter waren sie bei Tomals in der Scheune oder im Keller untergebracht. In der Nacht kamen sie oft etwas essen oder sich unterhalten. Eliasz spielte mit Jan Karten.

Es ist einmal vorgekommen, dass Rachela an einem Abend den Unterschlupf in der Scheune von Tomals verließ und sich auf das nahe Feld begab. Sie wollte sich ihr ehemaliges Haus von Weitem anschauen. Sie wusste nicht, dass sie von jemandem bemerkt und belauert wurde. Die Frau wollte die frische Luft schnappen und sich die Beine vertreten: sie ging spazieren. Als sie zum Weg, der zu drei allein stehenden Häusern führte, kam, zog der Beobachter zurück, er wollte von ihr nicht bemerkt werden. Der Mann hat der Polizei angezeigt, dass er in der Gegend eine Jüdin gesehen hat. Am nächsten Tag wurde eine Gruppe von Leuten einberufen, die die umliegenden Häuser durchsuchen sollte. Zu dieser Gruppe wurde auch Jan Tomal einberufen. Der Dorfvorsteher sprach ausgezeichnet Deutsch. Er sagte den Gendarmen, dass die Durchsuchung bei Tomals nicht erforderlich ist, da sie nur Stroh haben und ganz sicher keine Juden verstecken. Der Dorfvorsteher und Jan haben die Aufmerksamkeit der Deutschen vom Haus Tomals abgelenkt und begaben sich zu den drei allein stehenden Häusern. Janek hat nach den Flüchtlingen sorgfältig gesucht, denn er wusste, dass er sie dort nicht findet. Die Leute dachten, dass die Juden ihm schwer zugesetzt haben, wenn er so unermüdlich nach ihnen sucht.

Maria Witkowska (geborene Nowak) erinnert sich wie folgt daran: „Ja, es war sehr gefährlich. Sehr gefährlich, denn alle Dorfbewohner konnten dafür erschossen werden. […] Es gab damals solche Zeit”1. Im Winter wärmte sich Rachela im Haus der Eltern von Maria auf.

Die Familie Kohane wurde gerettet. Nach der Befreiung sind Rachela und Eliasz zu ihrem Haus zurück gekehrt. Eliasz hat die Jüdin Dora geheiratet, die bei den Leuten im nahen Dorf überlebt hat. Das Ehepaar ist nach Tarnów umgezogen. Dort sind seine Kinder zur Welt gekommen. Nach einigen Jahren sind sie in die USA ausgereist.

Die Tochter von Eliasz und Dora, Bela Chopp, hat nach vielen Jahren ihre Dankbarkeit in dem Brief an Józefa, die einzige Angehörige der Familie Tomal wie folgt ausgedrückt: „Im Namen meiner ganzen Familie möchte ich Ihnen und Ihrer Familie die größte Dankbarkeit für Ihren Heroismus ausdrücken, durch den das Leben meines Vaters und meiner Großmutter, die zweifellos von den Nazis getötet worden wären, gerettet wurde. In dieser düsteren Kriegszeit, wenn nur wenige geholfen haben, viele nicht reagierten, und die anderen an der Vernichtung von Juden aktiv teilnahmen, hat Ihre Familie die Entscheidung getroffen, die Sie mit Ihrem Leben bezahlen müssten, wenn dies, was Sie getan haben, entdeckt worden wäre. Man kann nur selten solche Taten des echten Altruismus, der wahren Menschheit und des großen Mutes, vor allem des Mutes in solch einem Ausmaß, sehen. Unsere Familie wird Ihnen ewig dankbar sein. Unsere Familie hätte ohne Hilfe Ihrer Familie nicht bestehen können2.

Literaturverzeichnis:

  1. FLV, Brief von Stanisława Prażuch (Brief an Bela Kohane-Chopp vom 12.09.2013), Zabrze, 02.02.2014.
  2. FLV, Audio-Aufnahme, Zeichen 405_1527, Bericht von Maria Witkowska, Nieciecza, 01.10.2013.
  3. FLV, Video-Aufnahme, Bericht von Józefa Tomal, Bela Chopp, Stanisława Prażuch, Nieciecza, 02.07.2016.
  4. FLV, Video-Aufnahme, Bericht von Józefa Tomal, Bela Chopp und Maria Witkowska, Nieciecza, 25.06.2016.