„Ich bin in Izbica geboren, meine Eltern und Großeltern [sic!] hatten eine Mühle und einen kleinen Bauernhof. Die Siedlung Izbica wurde vor dem Krieg zu 90% von der jüdischen Bevölkerung bewohnt. Die polnische Bevölkerung stellte ca. 10 % dar”1. Die deutsche Besatzung trug dazu bei, dass Izbica zu dem Übergangs-Ghetto wurde. Es wurden hier die Juden aus Österreich, Deutschland, Frankreich, der Tschechoslowakei und Polen in den Transportzügen hingebracht. „Als jugendliches Mädchen ging ich mit den Kolleginnen zum Bahnhof, als der Transportzug angekommen ist, und wir haben die Flaschen mit Tee, Milch, Wasser und Brot den Juden gegeben. Es haben danach die hungrigen Kinder und die älteren Leute gegriffen. Manchmal haben die Deutschen uns vertrieben, aber überwiegend haben wir es geschafft”2.

Die Familie Babiarz hatte einen kleinen Bauernhof und eine Mühle in Izbica. Kazimiera Babiarz (geborene Bobis, geb. am 21. Februar 1905) lebte mit ihrem Ehemann und ihren Kindern in der Maksymilian-Kronland-Straße 18. Ihre Gebäude waren ca. 200 Meter von der Gestapo-Dienststelle entfernt. Durch das Fenster in der Mühle konnten wir sehen, wie die Deutschen u.a. die Juden im Hinterbereich der Dienststelle ermordet haben.

Kurt Engels war ein besonders grausamer Peiniger und erweckte die Angst bei den Einwohnern. „Da meine Eltern von ihrer Geburt an in Izbica lebten, waren sie mit vielen [sic!] jüdischen Familien sehr befreundet. Wenn sie keine Lebensmittel hatten, kamen sie oft zu uns [sic!] und baten um Mehl, Milch, Eier oder Brot und sie sind niemals mit leeren Händen [sic!] zurückgekommen”3. Als Hanan Lipszyc (geb. 1928) zum Haus der Familie Babiarz ankam, hat sie ihn versteckt. „Die Entscheidung, um ihn zu verbergen, war schnell und wurde von der Ehefrau des Müllers, Kazimiera Babiarz, getroffen, ohne dass sie es mit ihrem Ehemann, der damals nicht zu Hause war, konsultiert wurde”4. Als Versteck für Hanan diente ein kleiner Keller, in dem die Familie die Kartoffeln gehalten hat. Eben dort wurde ein Schlafplatz für ihn vorbereitet. „Die Familie Lipszyc [sic!] lebte in Izbica in der Targowa-Straße. Die Mutter von Henoch hat Zwiebelkuchen gebacken, die sie dann verkaufte, und Henoch kam zur Mühle, zu den Eltern von Frau Błaszczyk, das Mehl kaufen ”5. Die Familie von Hanan wurde vom Schicksal tragisch getroffen. Fast alle Familienmitglieder sind in Bełżec ums Leben gekommen. Die Brüder Lipszyc mussten sich verstecken. Der ältere von ihnen hat den jüngeren Hanan zum Haus von Babiarz hingebracht, wo er die Arbeit als Wirt aufnahm. Für die Nacht kehrte er zu seinem Bruder zurück. Für seine Arbeit erhielt er das Geld und konnte dadurch überleben.

Am 1. November 1942 haben die Deutschen eine Razzia in Izbica durchgeführt. Die Brüder wurden gemeinsamen mit anderen Juden gefangen. Sie sind auf der Weise bei der Eisenbahnstation in Izbica sitzen geblieben. Zwei Tage lang sollen die Juden warten, bis der Zugtransport kommt. Es ist jedoch nicht passiert. Der Gestapomann Kurt Engels fuhr auf dem Pferd zwischen den Juden und ließ sie die wertvollen Sachen, die sich bei sich hatten, in den Eimer werfen. „Nach drei Tagen, als der Zug nicht ankam, wurden alle diese Leute im Kinogebäude geschlossen. Im Gebäudeinneren gab es ein Gedränge und die dort untergebrachten Leute konnten nur stehen”6. Die Familie Babiarz lebte dem Kino ziemlich nah. Mieczysław und Kazimiera haben die von dort kommenden Stöhnen und Schreie gehört. Obwohl die versammelten Leute von der blauen Polizei überwacht wurden, ist es Hanan gelungen, zu fliehen. Der Junge hat seine Schritte zur Familie Babiarz gerichtet. Dort hat er einen sicheren Unterschlupf gefunden. Sein älterer Bruder wurde auf dem örtlichen jüdischen Friedhof am 2. November 1942 erschossen. „Im Frühling hat sich Hanan ein Versteck neben dem Keller in einem Brennholzstapel errichtet. In der Nacht konnte er es verlassen und hat unseren Hausmeister, der die Mühle überwacht hat, begleitet”7.

Eines Tages haben die Deutschen den Bauernhof der Familie Babiarz aufgesucht und versuchten die Informationen über den Juden, mit dem der Hausmeister in der Nacht gesprochen hat, von ihm mit Gewalt hervorzubringen. Der Hausmeister hat bis zum Ende gelogen, dass er nicht weiß, um wen es sich handelt. Die Deutschen haben eine Revision durchgeführt. „Sie haben das Stroh und Heu erfolglos mit Bajonetts durchgestochen. Hanan hat sich bei den Kühen unter dem Trog versteckt. Die Kühe haben sich aus Angst vor den Taschenlampenlichtern am Trog zusammengedrängt und den Jungen verdeckt”8. Die Deutschen haben ihn nicht gefunden, sind also ins Haus hineingestürzt und haben alle an die Wand gestellt. „Sie haben den Vater brutal zusammengeschlagen und den Hausmeister verhaftet. Er war einige Tage in Haft. Dem Großvater ist es gelungen, ihn für viel Geld herauszubringen. Es war nur darum möglich, dass der Peiniger Engels damals nicht da war9.

Hanan hat die deutsche Besatzungszeit überlebt und ist nach Israel ausgereist. Von dort hat er sich oft mit der Familie Babiarz in Verbindung gesetzt. Er war ihnen für die geleistete Hilfe sehr dankbar. Eben aufgrund seines Berichts und durch die Abgabe der entsprechenden Erklärung gegenüber dem Institut Yad Vashem wurden Maksymilian und Kazimiera Babiarz mit dem Ehrentitel „Gerechte unter den Völkern“ ausgezeichnet.

Frau Halina Błaszczyk (geborene Babiarz), die Tochter von Mieczysław und Kazimiera, erinnert sich auch an andere Personen der jüdischen Herkunft, die ihr Familienhaus aufgesucht haben: „Es schaute bei uns oft die 5 Jahre ältere Tochter der Familie Pelc vorbei, sie hat die Puppen für mich genäht, mit denen [sic!] wir gemeinsam gespielt haben”10. Die Jüdin kam jeden Tag morgen früh den Korb mit dem Essen abholen und ist sofort verschwunden. „Eines Tages ist mein Vater, kurz danach, als sie weggegangen ist, aufgeregt ins Haus hereingefallen und sagte, dass sie getötet wurde”11. Sie wurde vom Gestapomann Engels erschossen. „Ich ging mit der Mutter an den Zaun und sah durch die Spalte sie in Blut liegen, daneben lag das verstreute Essen und der Korb. Ich werde dieses Bild nie vergessen” – so hat sich die Frau daran erinnert12.

Literaturverzeichnis:

  1. FLV, K. Jaworska, „Kto ratuje jedno życie…”: opowieść o Halinie Błaszczyk, Sprawiedliwej wśród Narodów Świata, o. A.
  2. FLV, Brief mit dem Bericht von Halina Błaszczyk, Zamość, 13.02.2015.