1944 befiehl die deutsche Gendarmerie die Evakuierung der Bewohnern von den Dörfern in der Nähe von Augustów. Eine der Personen, die zum Verlassen ihres Haushalts gezwungen wurden, war Lucyna Małachowska. Der Ehemann von Lucyna, Władysław, wurde 1939 von NKWD verhaftet und ins Gefängnis in Moskau gesetzt. Die Frau kümmerte sich selbst um den Haushalt und fünf Kinder.

Kurz von der Abfahrt kam Sonia Stolnicka zu Lucyna. Vor dem Krieg hat die Jüdin gemeinsam mit ihrer Schwester Szejna eine Schneiderei in Rajgród geführt. Die Frau hat sich eine gewisse Zeit lang in der Gegend versteckt, jedoch diejenigen, die Sonia geholfen habe, hatten Angst, sie nach Rajgród, wo Szejna auf die Jüdin wartete, zu überführen. Sie wussten, dass wenn sie unterwegs eine Patrouille treffen und die Identität von Sonia bekannt wird, sie der Todesstrafe ausgesetzt werden. Die älteste Tochter von Lucyna, Alina, die damals 14 Jahre alt war, kann sich wie folgt daran erinnern: „Vor der Fahrt kam Sonia zu meiner Mutter, sie war verzweifelt und erschrocken, da niemand ihr aus Angst vor den Deutschen helfen wollte. Alle wussten, dass dies mit dem Tod bedroht wird und wollten sie ihrem Schicksal überlassen. Sonia war damals ca. dreißig Jahre alt und war eine schöne Frau mit langen hellblonden Haaren. Die Mutter hat sie auf den Wagen zwischen die Kissen gesetzt, meine jüngste Schwester Basieńka ihr auf die Knien gelegt und ihr den Rosenkranz in die Hand gegeben. Sie sagte, dass sie bei der Kontrolle sagen soll, sie heißt Zosia und ist unsere Cousine. Danach haben wir uns auf den Weg gemacht”1.

Im Dorf Barszcze befand sich ein Kontrollpunkt der Gendarmerie. Als Lucyna nach Barszcze kam, ist einer der Gendarmen an sie auf dem Pferd rangekommen. Die Frau hat ihn sofort als den sich des schlechten Rufes erfreuenden Erwin erkannt. Der Mann verlangte ihre Dokumente und fragte, wo der Ehemann von Lucyna ist. Die Frau hat auf Deutsch geantwortet, dass er verhaftet und ins Gefängnis in Moskau gesetzt wurde. Der Gendarm hat die auf dem Wagen sitzenden Personen angesehen. Seine Zweifeln hat Sonia erweckt. Er fragte, ob sie vielleicht nicht eine Jüdin ist. Lucyna klärte, dass sie ihre Cousine Zosia ist, die zu ihr gekommen ist, ihr bei der Kindererziehung zu helfen. Der Gendarm riet der Frau, mit den Wagen rechts heranzufahren und vorzutäuschen, dass mit dem Wagen etwas passiert ist, und wenn die Wagenkolonne sie überholt, zu fliehen. Durch die Ratschläge von Erwin ist es den Frauen gelungen, zu fliehen. Lucyna fuhr nach Rajgród, wo Szejna bereits auf Sonia gewartet hat.

Die weitere Geschichte war jedoch nicht mehr so glücklich. Die Familie Małachowski wurde ins Lager in Grajewo verschleppt. Dieses Lager wurde mit dem Stacheldraht eingezäunt. Die Familie Małachowski haben dort eine nahe Familie aus Bełda getroffen. Es ist allen gelungen, aus diesem Lager zu entkommen.

Nach dem Krieg ist die Familie Małachowski nach Ełk umgezogen. Sie hat die Nachricht und die Einladung von den Schwestern Stolnicki erhalten. Aufgrund des schweren Gesundheitszustandes von Basia konnte Lucyna nicht nach Rajgród fahren. Sie hat dorthin Alina und Zenon geschickt. Die Tochter von Lucyna Małachowska erinnert sich wie folgt daran: „Sonia war schwer krank, wahrscheinlich an Tuberkulose. Sie saß auf dem Bett, mit einem Schleier über ihrem Kopf und hielt den Rosenkranz in der Hand. Und sie wartete auf den Priester. Sie sagte, dass sie sich taufen lassen und den Vornamen Zofia annehmen will. Einige Zeit später haben wir erfahren, dass Sonia gestorben und Szejna nach Amerika ausgereist ist”2.

Literaturverzeichnis:

  1. FLV, Brief von Alina Dubik, Opole, 19.01.2014.
  2. FLV, Audio-Aufnahme, Zeichen 811_0186 D, Bericht von Alina Dubik vom 10.01.2014.